Stellen Sie sich eine Familie vor, die aus der ehemaligen Sowjetunion in die USA eingewandert ist und dafür eine einmalige Beihilfe erhalten hat. Die Familie konnte sich wenig leisten und musste nicht hungern nur dank der Essenskarten. Wie hoch ist die Chance, dass ein Kind aus der ähnlichen Familie eines Tages zu einem Milliardär wird?

Es kann sein, dass das Schicksal ihm gelächelt hat, damit andere Menschen an sich glauben und Erfolge erzielen. Weil fast jeder von uns hat bessere Anfangsmöglichkeiten als Jan Koum damals.

2014, Mountain view, Kalifornien, USA

Die weiße Fassade des Behördengebäudes, das sie gerade verlassen, kennt Jan Koum sehr gut. Früher gab es hier das Büro des Amtes für soziale Sicherung. Vor zwanzig Jahren war er auf soziale Hilfe angewiesen und musste hier für die Lebensmittelkarten anstehen. Heute in dem gleichen Gebäude hat er den Verkauf des Whatsapp an Facebook für 19 Milliarden US-Dollar unterschrieben.

1991, Fastiw, Ukraine

Die ersten Gedanken über die Auswanderung in die USA haben die Eltern von Jan Koum schon vor zwei Jahren gemacht, als das Leben in der ukrainischen Provinz ganz schwer geworden ist, die Ladenregale sind leer und ab und zu treten die Probleme mit Wasser und Elektrizität auf. Jan bekommt Nachhilfe in Englisch. Endlich kommt der Tag, wenn alles fertig für die Abreise. Jan und seine Mutter machen sich auf den Weg in die USA, sein Vater ist bereits gestorben.

1992, Mountain view, Kalifornien, USA

In ihrer Wohnung gibt es zwei Betten und einige wenige andere Sachen. Aber von den Bleistiften und Heften, die die Familie Koum mit sich aus der Ukraine mitgebracht hat, haben sie genug. Die Mutter hat eine schwere Erkrankung, der Familie fehlt das Geld für Medikamente. Das Geld, das sie als Kinderbetreuerin verdient und ihre Sozialbeihilfe reichen nicht aus, um um die Runden zu kommen.

Der sechszehnjährige Jan arbeitet nach der Schule als Reinigungskraft und liest begierig die Bücher zum Programmieren. Die wenigen freien Stunden verbringt er in Buchläden: er hat kein Geld, die Bücher zu kaufen, aber niemand verbietet ihm sie im Geschäft zu lesen. Als Jan Koum neunzehn Jahre alt wird, wird er einem echten Profi im Programmieren und nimmt an der Hackergruppe w00w00 teil.

1997, San José State University, Kalifornien, USA

Der junge Ausländer und begabte Hacker Jan Koum hatte endlich Glück: er fängt an zu studieren und bekommt einen Job bei Ernst & Young in der Abteilung für Informationssicherheit. Aber das größte Glück für Jan Koum zu dieser Zeit scheint das Kennenlernen von Brian Acton zu sein. Damals arbeitete er bei Yahoo und hat Jan einen Job bei Yahoo vermittelt.

Es ist nicht einfach, gleichzeitig für ein großes Unternehmen zu arbeiten und zu studieren. Oft wird Koum von der Arbeit während einer Vorlesung angerufen, muss aber antworten, dass er sofort das eingetretene Problem nicht lösen kann. Er findet es nervig, dass man nicht gleichzeitig mehrere Dinge tun kann. Zum Beispiel, den Professor in der Vorlesung zuhören und seine Aufgaben als Spezialist für IT-Sicherheit. Oder boxen und gleichzeitig mit den Kollegen in Kontakt bleiben. Koum kann dieses Problem nicht lösen und verlässt die Universität um sich während der nächsten Jahren auf seiner Arbeit bei Yahoo zu fokussieren.

2008, irgendwo in Südamerika

Die Arbeit bei Yahoo wird gut bezahlt, aber bringt Jan Koum keine Zufriedenheit. Obwohl Brian Acton und Jan Koum sehr verschieden waren, haben die beiden Werbung, Marketing-Spielerei und lange Geschäftsbesprechungen gehasst und sie für „Unternehmensmist“ gehalten. Nachdem sie genug Geld gespart haben, kündigen sie ihren Job bei Yahoo und nehmen eine mehrmonatige Auszeit.

Sie gehen auf die Reise und machen sich Gedanken über ihre Zukunft. Koum und Acton bewerben sich bei Facebook, aber ohne Erfolg. Man weiß nicht, ob Mark Zuckerberg die Entscheidung bereut hat, zwei arbeitslose Freunde nicht einzustellen. Die Absage von Facebook hat Acton und Koum kaum traurig gemacht, wie die Twitter-Nachricht von Brian Acton zeigt.

Das Leben ohne Sorgen geht weiter, bis Jan Koum sich ein IPhone kaufte. Nicht vom IPhone selbst, sondern vom Potenzial des AppStore war Jan Koum sehr begeistert.

2009, Silicon Valley, Kalifornien, USA

Während die anderen im Wohnzimmer feiern, besprechen zwei Programmierer vielfältige Möglichkeiten, die ein virtuelles Kontaktbuch auf dem Handy eröffnet. Jan Koum erinnert sich an Situationen, wenn es nützlich wäre, dass nicht nur die Nummer des Gesprächspartners angezeigt wird zu haben, sondern auch sein aktueller Status. Hat der Gesprächspartner Zeit, den Anruf aufzunehmen? Oder sein Akku ist leer? Oder vielleicht, genau wie du jetzt, hätte er Lust auf einen Spaziergang im Park oder eine Radtour an der Promenade?

Der Name für die App ließ nicht lange auf sich warten. WhatsApp ist ein Wortspiel zum ähnlich klingenden Ausdruck auf Englisch What’s up? (‘Was geht ab?’) und zur Plattform für Anwendungssoftware AppStore. So wurde WhatsApp geboren.

WhatsApp: erste Schritte

Koum war begeistert von der Idee der Kommunikation ohne Grenzen und PC-Nutzung. Um zu wissen, wie es gerade deinen Freunden und Verwandten geht, brauchst du nur ein Smartphone. Es stimmt schon, es gibt eine Version von Skype für Smartphone, aber dafür braucht man einen Benutzernamen und ein Passwort und um WhatsApp nutzen zu können, braucht man nur eine Handynummer. Ist es nicht ein Wunder?

Nach einigen Monaten Arbeit ist die neue App fertig. Leider waren nur Freunde und Bekannte bereit, die App zu installieren. Kuom fragt sie nach dem Feedback und eventuellen Verbesserungsvorschlägen und schreibt alles sehr genau in sein Heft auf, welches er damals als Teenager aus der Ukraine mitgebracht hat. Er entwickelt die App kontinuierlich weiter und lehnt entschlossen das Schalten der Werbung in der App. Die Nutzerzahl bleibt wie vor niedrig. Ein Tipp von Brian Acton hilft Koum nicht aufzugeben: „Du musst noch bisschen aushalten. Du wirst ein Idiot, falls du jetzt aufgibst“.

Acton hatte das richtige Wort zur richtigen Zeit. Einige Zeit später ermöglicht Apple in iOS Push Benachrichtigungen für die Apps. Die Neuigkeit entsprach sehr gut der Koums Idee: immer auf dem Laufenden bleiben und wissen, wie es deinen Kontakten geht.

Viele Nutzer hatten Spaß solche Status-Nachrichten zu posten wie „Aufgestanden“, „Frühstücke“, „Wie läuft‘s?“ Alles sehr einfach, aber Hauptsache: kostenfrei! Die Frage, die den WhatsApp-Gründer vor allem beschäftigt hat, war nicht, wie viel Geld man mit der App verdienen kann, sondern wie viele User die App nutzen und inwieweit die App ihnen gefällt.

WhatsApp: Erfolgsgeschichte

 

2010: In nur wenigen Monaten steigt die Nutzerzahl auf 250.000. Brian Acton tritt dem Projekt bei. Die Freunde diskutieren, um welche Funktionen die App erweitert werden könnte. Eine von diesen brillanten Ideen war eine Funktion einzubauen, die bei den SMS-Nachrichten fehlte: jeder kann sehen, wann seine Nachricht gelesen wurde. Die MMS-Nachrichte, die nie populär geworden sind, passten perfekt in das Konzept eines neuen Messengers: die Textnachricht und Fotos sind sofort im Chat abrufbar.

2011: WhatsApp ist zur beliebtesten Applikation im US-Segment des App Store geworden. Und keine Werbung. Koum und Acton verzichten weiter auf jegliche Werbung in der App.

Im Februar 2013 hat WhatsApp schon 200 Millionen aktive Nutzer. Heute hat WhatsApp die Marke von einer Milliarde Nutzern geknackt.

WhatsApp wächst sogar schneller als Facebook selbst. Die Applikation hat nur 4 Jahre gebraucht, um diese Wachstumsrate zu erreichen.

Ein erfolgreiches Projekt zog die Aufmerksamkeit der großen Unternehmen. Als Facebook WhatsApp gekauft hat, wurde Koum nicht nur ein gutes Gehalt angeboten, sondern auch optimale Arbeitsbedingungen: weiterhin keine Werbung, WhatsApps Team hat volle Autonomie, wird eigene Marke weiter entwickeln und muss sich nicht über die Infrastruktur Gedanken machen. Koum Yang bekommt einen Sitz im Vorstand von Facebook und ist der zweitgrößte Aktionär nach Mark Zuckerberg.

Heutzutage ist die Applikation für die Nutzer in mehr als 50 Sprachen, auf allen bekannten mobilen Plattformen verfügbar. Jeden Tag werden 40 Milliarden Nachrichten, Fotos und Videos in der App geschickt.

Nun wird niemand überrascht sein, wenn WhatsApp neue Rekorde aufstellt. Schließlich wurde die Applikation nicht dafür entwickelt, Profite zu machen, sondern dafür, dass Kommunikation einfacher und günstiger wird.