Nicht ohne Grund wird der Name des berühmten Geschäftsmannes Omidyar, Philanthrop und Gründer der weltberühmten Internetplattform eBay als „der, den die Hoffnung liebt“ übersetzt. Aber Pierre Omidyar selbst interpretiert dies anders: Wenn die Hoffnung ihn liebt, kann er anderen etwas von dieser Hoffnung geben.
Pierre Omidyar
Omidyars Geschäftsprinzip ist es, nicht für Geld zu arbeiten, sondern die Welt zu verändern. Genau das war die Idee seiner berühmtesten Erfindung eBay. Denn jeder kann dort Geld verdienen, indem er einfach seine persönlichen Besitztümer verkauft.
Der Weg zu den Millionen
Pierre Omidyar wurde am 21. Juni 1967 in Paris als Sohn iranischer Einwanderer und Wissenschaftler geboren. Seine Mutter promovierte an der Sorbonne, sein Vater war Chirurg. 1973 zog die Familie in den Bundesstaat Maryland in den USA.
Bereits während seiner Schulzeit entwickelte der vierzehnjährige Pierre sein erstes Programm speziell für die Onlinebibliothek seiner Schule. Und er wurde sogar dafür bezahlt: Er bekam 6 Dollar pro Stunde, die er an dem Projekt arbeitete.
Das Interesse des jungen Omidyar an einzigartigen Programmen und Entwicklungen wurde von da an größer. Nach seinem Schulabschluss 1984 schrieb Pierre sich an der University of Tufts in Massachusetts an der Fakultät für Informationstechnologie ein. Pierre studierte gerne, mit dem Ziel, es im Bereich der Computerprogrammierung weit zu bringen. Er saugte Informationen auf wie ein Schwamm. Nach seinem Bachelorabschluss trat Pierre Omidyar 1988 eine Stelle bei Clairs an, einer Tochtergesellschaft von Apple Inc. Seine Hauptaufgabe war die Entwicklung und Modernisierung des Grafikeditors MacDraw.
1991 startete Omidyar gemeinsam mit Collegefreunden ein neues Projekt. Dieses trug den Namen Ink Development Corporation. Die Freunde träumten von der Entwicklung einer Technologie, die es ermöglicht, Tastaturen für immer abzuschaffen, indem man sie mithilfe eines Stylus-Stiftes und manuellem Wählen ersetzt. Doch das Projekt blieb unvollendet. Trotzdem hat das Unternehmen einige Entwicklungen für andere kommerzielle Onlineplattformen entwickelt.
1994 beschloss Omidyar, das Projekt zu verlassen, da er keine Wachstumschancen in dem Bereich mehr sah. Dennoch behielt er Anteile der Firma. Dies stellte sich als gute Entscheidung raus, denn nachdem Microsoft das Unternehmen 1996 aufgekauft hatte, wurde der 29-jährige Pierre Millionär.
Vom Millionär zum Milliardär
An einem Wochenende im Jahr 1995 setzte sich Pierre zum Zeitvertreib an seinen Schreibtisch und begann, einen Code für eine Onlineauktion zu schreiben. Alles sollte einfach und unprätentiös sein: Ein Website-Besucher scrollt durch eine Seite mit einer Liste der zum Verkauf stehenden Dinge. Jeder Artikel sollte eine Überschrift, einen Untertitel mit den Bemerkungen des Verkäufers und einen Anfangspreis haben. Die Website sollte außerdem eine Feedbackoption haben: Ein Benutzer konnte Fragen zur Lieferung oder zur Qualität der Ware stellen und sogar die Möglichkeit haben, zu erfahren, weshalb der Verkäufer sein Lieblingsstück zum Verkauf anbietet.
Am 3. September 1995 stellte Omidyar den Prototyp von eBay auf seiner persönlichen Webseite online und nannte ihn AuctionWeb. Es ist kaum zu glauben, doch die Seite hatte innerhalb der ersten 24 Stunden keinen einzigen Besucher. Der erste Deal wurde jedoch bald gemacht. Es handelte sich um Omidyars defekten Laserpointer, für den ein Käufer 13,83 Dollar bezahlte. Pierre war froh über den ersten Käufer, doch ihn interessierte vor allem, wofür jemand einen defekten Laserpointer benötigte. Möglicherweise hatte der Käufer etwas missverstanden. Mithilfe der Feedbackoption fragte er seinen ersten Käufer, ob er verstanden habe, dass der Artikel defekt sei. Und er bekam prompt eine Antwort: „Selbstverständlich! Ich sammle solche defekten Laserpointer!“
Nachdem er beobachtet hatte, wie die Auktionen vonstatten gingen, definierte Pierre drei einfache Prinzipien für sich selbst:
- Die Mehrheit der an einer Auktion teilnehmenden Personen ist ehrlich;
- Verschiedene Personen nehmen an einer Auktion teil und jeder leistet seinen individuellen Beitrag;
- Menschen kommunizieren gerne offen und offenbaren deshalb ihre freundlichsten Eigenschaften.
Drei Jahre später ging eBay an die Börse. Die Aktien des Unternehmens waren so beliebt, dass sie Pierre im Alter von 31 Jahren zum Milliardär machten.
Im Jahr 2001 führte eBay die Liste der IT-Unternehmen an. Heute hat das Unternehmen 32 Tausend Mitarbeiter, mehr als 25 Millionen Verkäufer und 157 Millionen Käufer.
Seine Milliarden haben Omidyars Prinzipien nicht beeinflusst. So fährt er kein Millionen-Dollar-Auto, sondern bevorzugt seinen Volkswagen Jetta.
Er lebt nicht in einem Schloss, sondern in einer Wohnung, die er bereits seit mehreren Jahren mietet. Seine Mitarbeiter folgen seinen Prinzipien und seiner Lebensweise. Selbst seine Konkurrenten sind froh, neben einer so friedlichen und korrekten Firma zu arbeiten.
Normalerweise zielen Internetfirmen darauf ab, eine Menge Waren an eine noch größere Menge Menschen zu verkaufen und so ihr Einkommen stetig zu erhöhen. Die innovative Idee Omidyars war es, einen Marktplatz zu schaffen, auf dem normale Menschen Waren für den Preis kaufen und verkaufen können, den sie selbst für angemessen halten. Eine solche Methode könnte sogar Menschen helfen, die plötzlich arbeitslos sind oder dringend Geld benötigen. Der Schöpfer von eBay sieht sein Unternehmen somit nicht als ein Unternehmen, mit dessen Hilfe man reich werden kann, sondern als ein Unternehmen, das anderen Menschen in Not helfen kann, Geld zu verdienen.
Pierre beschreibt sich selbst als glücklichen Menschen. Er wird von seiner Frau und seinen Kindern geliebt, er hat eine gute Familie und er hat seine Freizeit. Als Pierre sein Unternehmen entwickelte und ein Vermögen gemacht hat, widmete er sich ganz seiner Familie und seinem Privatleben. Mittlerweile arbeitet Pierre nicht mehr für Geld, sondern das Geld für ihn.
Nicht nur eBay
Viele Millionäre und Milliardäre versuchen in verschiedene Bereiche einzusteigen, nachdem sie bereits ein Vermögen gemacht haben. Sie versuchen sich beispielsweise als Politiker. Doch jeder, der Pierre näher kennt, weiß, dass er kein Interesse an Politik hat. Nachdem er sich entschlossen hatte, die Geschäftsleitung zu verlassen, war er lediglich noch formeller Vorstand. Jetzt beschäftigt er sich nicht mehr mit eBay und Geschäftsangelegenheiten, sondern mit Dingen, die ihn sein ganzes Leben lang interessiert haben.
2004 gründete er zusammen mit seiner Frau das Investment-Philanthropie-Unternehmen Omidyar Network. Die Hauptidee des Unternehmens ist die Förderung des sozialen Unternehmertums.
Im Herbst 2013 gründete Pierre First Look Media, dessen Idee es ist, Journalismus zu fördern, der von keiner Regierung zensiert werden kann. Das Onlinemagazin The Intercept erschien ein Jahr später.
Die wichtigsten Redakteure wurden der Journalist Glen Greenwald und die Dokumentarfilmerin Laura Poitras, die beide nach der Veröffentlichung verschiedener Materialien und Untersuchungen zum Fall Edward Snowden mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurden. Nachdem die Dokumente über Snowden publiziert wurden, fegte eine Welle gegen sie staatliche Beschattung über das Land. Glen und Laura wurden die Hauptfiguren dieser Bewegung und Pierre ihr Sponsor.
Omidyar schrieb in seinem Blog über ein neues Projekt, das noch niemand kannte: „Ich will aus den normalen Lesern aktive Leser machen.“ Das Projekt war ehrgeizig, Omidyar bezeichnete es als „ein neues Medium der Massenmedien“. Er und seine Journalistenkollegen wollten eine neue Methode zur Erstellung von Inhalten ins Leben rufen.
«Es ist immer schwierig, eine Innovation in einem bereits funktionierenden System zu etablieren. Aber indem ich die Technologie an sich ändere, werde ich das Arbeitsprinzip des gesamten Systems ändern», — erklärt Omidyar in einem Interview mit dem Journalisten der New York Times. Nach Pierres Auffassung funktionierten Facebook, Google, Twitter und auch eBay auf die gleiche Weise in ihren jeweiligen Bereichen. Das bedeutet, dass es auch für das neue Projekt funktionieren würde.
Pierre hat mehr als 250 Millionen Dollar in First Look Media investiert. Das gesamte investierte Geld deckt den Bedarf an Journalisten ab. The Intercept veröffentlichte nicht nur Offenbarungen zum Thema Snowden, sondern stellte auch aktiv die Kritik an der nationalen Sicherheit der USA in den Fokus.
Im persönlichen Kontakt zurückhaltend und unkommunikativ, kann Pierre es sich leisten, im Internet über seine Interessen zu sprechen oder seine Meinung über aktuelle Entwicklungen zu äußern. Dieser Verhaltenswiderspruch veranlasste Andrew Rice, einen Journalisten des New York Magazines dazu, eine ganze Untersuchung durchzuführen. Er schuf ein psychologisches Bild von Pierre Omidyar, um zu beleuchten, wie ein so schüchterner Mensch, Buddhist und Fan von Ex-Präsident Barack Obama, zu einem der härtesten Kritiker der aktuellen US-Politik wurde.
Omidyar Network soll laut Forbes 100 Millionen Dollar für die Unterstützung von Journalisten im Kampf gegen die Propaganda spenden. Innerhalb weniger Jahre werden diese Gelder an Journalisten überwiesen, die „die wahren Gründe für das mangelnde Vertrauen“ bekämpfen. Steven King, einer der Partner des Fonds, unterstützt die Idee, weil er glaubt, dass der Schlüssel zur erfolgreichen Abschreckung der Regierung in der Unabhängigkeit und Kritik der Medien liegt. 4,5 Millionen Dollar werden dem International Consortium of Investigative Journalists zu Verfügung gestellt, das 2016 eine umfassende Untersuchung der Offshore-Behörden in Panama veröffentlichte.
Lebensregeln von Pierre Omidyar in einer Zeile
- Glaube an die Menschen
Als ich eBay ins Leben rief, war die wichtigste Regel für mich der Glaube daran, dass die Mehrheit der Menschen gut ist. Ich unterstütze das Prinzip der Unschuld der Menschen und erwarte nicht, dass ein Mensch versucht, mich zu betrügen. Das hilft mir, nicht von Menschen enttäuscht zu werden. Und dies lässt sich bestätigen: 99,9 % unserer Geschäfte sind ehrliche Geschäfte. 120 Millionen eBay-Nutzer haben gelernt, Menschen zu vertrauen, die sie gar nicht kennen. Wir waren von der Idee beeindruckt: „eBay hat einen großen Einfluss auf der ganzen Welt. Vielleicht sind andere Geschäftsmodelle aufgrund der sozialen Konsequenzen erfolgreich?“ Der Einfluss auf die Gesellschaft ist eine gute Chance für viele Unternehmen, die die Prinzipien von eBay teilen.
- Geh los und tu es einfach
Versuch nicht, jede deiner Handlungen vorherzusagen oder im Vorfeld festzulegen, um ein zukünftiges Ziel zu erreichen. Schau dir die UdSSR an – die hat es nicht einmal geschafft, ihre Fünfjahrespläne zu erfüllen.
- Fehlschläge sind gut
1999 musste eBay einen epische Misserfolge verzeichnen. Das ganze eBay, das komplette System funktionierte einen Tag lang nicht und der gesamte Arbeitsbetrieb brach für einen Arbeitstag zusammen. Selbst CNN berichtete in den Nachrichten: „Wir sehen den Beginn des Zusammenbruchs des Unternehmens.“ Aber ich denke, diese Probleme waren immer noch ein Vorteil für uns. Ich bin froh, dass wir diesen Fehlschlag bereits am Anfang hatten. Meg Whitman, die Geschäftsführerin von eBay, die nur ein Jahr im Einsatz war, sah sich Problemen mit der Infrastruktur gegenüber, die einen kritischen Punkt erreicht hatten. Und sie begann, diese Struktur zu verändern. Wir haben die Probleme nicht wirklich schnell gelöst. Es hat fast ein Jahr gedauert. Aber jetzt spüren wir, dass die Regel funktioniert: Was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Jetzt kann ich sagen, dass das wahr ist.
- Verlass dich nicht auf Menschen, die es besser wissen
Auch wenn du Respekt vor ihnen hast und auch wenn du denkst, dass sie echte Experten sind, vertraue ihnen nicht. Du wirst zu oft zu hören bekommen, dass das, was du versuchst, unmöglich ist. Aber all das wird dir nur erzählt, weil diese Menschen selbst Angst davor haben, zu handeln.
- Nicht alles ist so kompliziert, wie es dir auf den ersten Blick erscheint
Wenn wir auf die Leistungen erfolgreicher Menschen zurückblicken, denken wir: „Das war nicht einfach für ihn.“ Aber denk daran, dass alles zwar vielleicht kompliziert aussieht, in der Realität aber sehr einfach ist. Auch wenn die Art und Weise später eine andere ist. Du wirst nie wissen, welches Prinzip für dich funktioniert, wenn du nicht anfängst, etwas zu tun. Also geh los und tu einfach das, wovon du träumst. Versuche es. Lerne aus deinen Fehlern. Ja, du wirst scheitern, aber diese Fehler werden zu Erfahrungen. Und Erfahrungen werden dir helfen, weiterzumachen. - Lass immer Platz für eine Überraschung
Lass immer einen Platz für Unvorhergesehenes, wenn du ein Unternehmen aufbaust und es wird ein Erfolg werden, wenn eine Überraschung sich auf völlig unvorhergesehene Art äußert.
- Dein Unternehmen ist dein stetiger Wandler
Man hört sehr oft über eBay „Es ist jedes Quartal eine völlig neue Firma!“ Genau das macht ein echtes Internetbusiness aus. Alles ändert sich so schnell, dass 3 Jahre in unserer Branche in jeder anderen mit 10 multipliziert werden können.
- Strebe nicht nach destruktiven Innovationen
Ich wollte niemals etwas Zerstörerisches schaffen. In unserem Unternehmen betreiben wir Forschung und wir verbessern neue Modelle, die dem Bottom-up-Prinzip folgen. Wir versuchen, die Möglichkeiten für jeden Einzelnen zu erweitern. Wir hören auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und setzen sie in unserem Programm um. Ich hoffe, dass nicht nur unser Unternehmen diesem Grundsatz folgt. Dabei spielt es keine Rolle, dass Unternehmen, die schon lange im Geschäft sind, das Feld verlassen werden müssen.
- Philanthropie ist auch eine Geschäftsidee
Ich bin ein Mensch mit technischem Verstand. Ich habe an einer technischen Fakultät studiert. Aber ich habe mich vor allem immer darauf konzentriert, Menschen zu helfen. Auch wenn ich mich für eine technische Tätigkeit entschieden habe, habe ich immer versucht, Technologie dazu einzusetzen, die Welt zu verbessern.
- Was eBay verändert hat
Google, Facebook, Twitter und auch wir schaffen Systeme, die die Welt verändern, aber wir verändern das System dieser Welt nicht von selbst. Wir schaffen nur unser eigenes System, das andere Systeme auf der Welt beeinflusst. Ich denke, das ist der Grund, weshalb sich viele so für die Medien interessieren. Und natürlich wollen wir alle ein Teil dieser Welt sein.
- Wie man reich ist
Ich habe die Stufe „einfach reich“ übersprungen bin direkt „wahnsinnig reich“ geworden. Für mich sieht es so aus: Es ist schön und gut, dass ich jetzt nicht nur ein cooles Auto kaufen kann, sondern alle coolen Autos. Aber wenn man so reich ist, dass man alle Autos haben kann, sind sie für einen einfach nicht mehr interessant.